Wahrscheinlich meine bisher wichtigste Arbeit: ›Mein Kampf – gegen Rechts‹. Das Gegenbuch zu Hitlers Nazi-Manifest, das ab Januar 2016 wieder verlegt werden durfte. Es war großartig zu sehen, wie schnell dieses Projekt zum Herzensprojekt von allen Beteiligten wurde – und es haben wirklich sehr, sehr viele mitgeholfen.


Anlass: 70 Jahre war Hitlers ›Mein Kampf‹ in Deutschland verboten. 2016 durfte das Buch, das die Grundlage für die Nazi-Gräueltaten bildete, wieder gedruckt werden. Zu einem brandgefährlichen Zeitpunkt: Neue Hassprediger wurden bejubelt, rechte Gewalttaten sind zum Alltag geworden und werden jeden Tag mehr.


Unsere Idee: Wir halten dagegen! Mit einem Buch! ›Mein Kampf – gegen Rechts‹. Ein Gegenentwurf, der Titel und Layout der Hetzschrift aufgreift und auf 168 Seiten 11 persönliche und couragierte Geschichten erzählt und so die Deutungshoheit über die zwei Wörter »Mein Kampf« zurückgewinnt.


Spende: Jeder Buchkäufer wurde zum Mitkämpfer gegen Rechts: 1 Euro von jedem verkauften Buch ging an den Verein ›Gesicht Zeigen! Für ein weltoffenes Deutschland e.V.‹ Die Erstauflage von 11.000 Büchern war auf Amazon und deutschlandweit im Buchhandel erhältlich.

(11 Menschen. 11 Buchcover. 11 Plakate.)

(11 Menschen. 11 Buchcover. 11 Plakate.)

11 Mal ein ganz persönlicher Kampf gegen Rechts:

… überlebte Auschwitz und lernte erst im hohen Alter von seiner Enkelin, wie wichtig es ist, seine Geschichte weiterzutragen.

(Textauszug) Mit Hunden trieben sie uns zum Bahnhof von Blizyn, drängten uns in den Zug und schlossen die Türen hinter uns. Zwei Tage lang reisten wir in dem überfüllten Waggon, eng aneinandergepresst, ohne Wasser, ohne Essen und ohne eine Ahnung davon, wohin die Reise führte. Als wir schließlich aus dem Zug stiegen, wandte ich mich an einen der Kapos: „Wo sind wir hier?“ – „In der Hölle“, antwortete er. Er sollte recht behalten: Wir waren in Auschwitz angekommen.

kam vor mehr als 26 Jahren aus Angola nach Erfurt und muss bis heute Menschen gegenübertreten, die meinen, er gehöre wegen seiner Hautfarbe nicht hierher.

(Textauszug) Der Sommer 2014 war ein Höhepunkt für mich – und gleichzeitig ein Tiefpunkt. Im Juli wurde ich mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Ein paar Wochen später, im August 2014, überfielen mich in Erfurt zwei Männer. „Du bist hier nicht erwünscht, wir kriegen dich hier raus“, schrien sie mich an. Einer zückte ein Messer und fuhr sich mit einer eindeutigen Geste am Hals entlang. Der andere holte eine Pistole aus seinem Rucksack, richtete die Waffe auf mich. Ich hatte wahnsinnige Angst. Kein Mensch weit und breit. Ich war ganz allein. Mitten in Erfurt. Vor mir standen zwei große kräftige Männer, die mir mit dem Tod drohten. Und mein Bundesverdienstkreuz? Das kann ich mir doch nicht umhängen.

wuchs als afghanisches Flüchtlingskind in Deutschland auf und versucht als MTV-Star Flüchtlingskindern von heute Mut zu machen.

(Textauszug) Ich besuchte gerade die zehnte Klasse, als meine Schule geschlossen wurde, weil zu wenige Anmeldungen für die fünfte Klasse eingingen. Also wurden wir auf ein anderes Gymnasium verlegt. Ich kann mich noch gut an diesen Kennenlerntag erinnern. Alle müssen sich auf dem Schulhof in einer Reihe aufstellen, unser Jahrgang und der Jahrgang der anderen Schule auch. Wir stehen uns gegenüber, und da kommen dann von ein paar Jungs die ganze Zeit über richtig blöde Kommentare wie: „Boah, kein Bock auf diese Kanakenklasse!“ Man muss bedenken, dass unser Jahrgang aus zwei Klassen bestand, das waren etwa 50 Kinder, davon sechs mit Migrationshintergrund – und da wird schon von „Kanakenklasse“ gesprochen. Das war für mich ein echter Schock. Wie kann es sein, dass man die Bildungselite Deutschlands vor sich hat, hier in Hamburg, nicht in irgendeinem Nest in der Provinz, in einer Gegend, in der viele Ausländer oder Migranten leben, und die dann solch einen Spruch raushauen?

, Bürgermeister einer kleinen Stadt in Westdeutschland, musste mit ansehen wie eine Flüchtlingsunterkunft Brandstiftung zum Opfer fiel. Trotzdem nahm er in seine Stadt 100 Flüchtlinge mehr auf als er musste.

(Textauszug) In den 1970er-Jahren hatte Altena einmal 30.000 Einwohner. Heute sind es nur noch 17.500. Wenige Arbeitsplätze, Strukturschwäche, Leerstand. Ich musste viel sparen, was auf großen Widerstand stieß. Aber ich habe gesagt: „Ich habe etwas Ordentliches gelernt und möchte die Dinge machen, die ich für richtig halte.“ Das schulde ich auch meinen Kindern. Ich möchte eine bessere Welt für sie im Kleinen hinterlassen. Am großen Gesamtbild kannst du wenig ändern. Aber das Kleine, ja das Kleine kannst du auf jeden Fall beeinflussen. Also habe ich bei den Fraktionsvorsitzenden im letzten Jahr spontan gefragt, ob wir nicht ein Kontingent von 100 Flüchtlingen extra aufnehmen könnten.

stellt sich in Leipzig Woche für Woche der radikalen Legida-Bewegung entgegen und zeigt Jugendlichen, wohin Rassismus und Menschenhass schon einmal geführt haben.

(Textauszug) Eine Lehrerin aus Eilenburg wandte sich an uns, weil sie mit ihren Schülern Stolpersteine in ihrer Stadt verlegen wollte. Bei unserem ersten Besuch war gerade Wahlkampf. Überall hingen NPD-Plakate. Als wir bei der Stadt für unser Projekt vorsprachen, hieß es: Das geht hier nicht. Alle Unterlagen seien im Krieg verbrannt. Es gebe nichts zu recherchieren. Daraufhin haben zwei Lehrerinnen mit ihren Schülern auf eigene Faust losgelegt und sich auf Spurensuche begeben. Und natürlich sind sie auf Schicksale von Nazi-Opfern gestoßen, die sie dokumentiert haben. Mit einem selbst entworfenen Flyer sind die Schüler in die Wohngebiete gegangen und haben Spenden gesammelt. Das erfordert persönlichen Mut, man muss sich überwinden und Menschen ansprechen. Diese jungen Menschen haben es geschafft. Heute gibt es zehn Stolpersteine in Eilenburg.

hat in den letzten dreißig Jahren über 130.000 Nazi Graffiti an öffentlichen Plätzen entfernt, trotz vieler Drohungen und dem Risiko einer möglichen Strafverfolgung.

(Textauszug) Wenn ich meine Mitmenschen auffordere, mir Platz zu machen, damit ich die Hassparolen entfernen kann, zum Beispiel von einem U-Bahn-Sitz, kommt es vor, dass sie sich weigern. „Hier ist eine Frau, die hat Schmierereien beschmiert!“, so hat eine Zugbegleiterin einmal über Funk ganz aufgeregt die Polizei gerufen. „Lassen Sie das ‚Ausländer raus‘ stehen, ich kann gut damit leben“, hieß es auch schon mal. Selbst Sprüche wie „Heil Hitler“ oder „Sieg heil“ tun Passanten als Dummejungenstreiche ab. Oder es gibt lasche Reaktionen, à la: „Die Demokratie muss das verkraften.“ Dabei muss doch klar sein: Hass-Schmierereien sind die Vorstufe zu körperlicher Gewalt.

beobachtet aufmerksam wie normale Dresdner sich radikalisieren und den hasserfüllten Parolen der Pegida-Demos folgen. Er ist ein Zeuge, der nicht schweigt.

(Textauszug) Gespräch mit dem Dresdner Oberbürgermeister. Er sagt, dass mein öffentlicher Hinweis, der Dresdner Theaterplatz habe als einer der ersten nach 1933 „Adolf-Hitler-Platz“ geheißen – also dieser Hinweis habe dem Image der Stadt geschadet. Denn vorher hätten das „höchstens 10 Prozent der Dresdner überhaupt gewusst“. Als ich darauf vor Verblüffung laut auflachen muss, sagt er: „Ja, Sie müssen dann Kritik auch mal aushalten.“

erfuhr als Obdachloser wie es ist ein Außenseiter zu sein. Deswegen begann er Flüchtlingen zu helfen, die in Hamburg ankommen.

 

(Textauszug) Bevor ich über die Türschwelle getreten bin, wusste ich, dass das hier die größte Hilfsaktion Deutschlands wird. Am ersten Tag war ich in der Kleiderausgabe, wo Klamotten an die 1200 Flüchtlinge aus der Halle B6 nebenan ausgegeben wurde. Das hat sehr viel Spaß gemacht. Ich bin ein totaler Schuh-Fan und an dem Tag wurden Schuhe für Männer ausgegeben. Es war eigentlich perfekt. Ich bin regelrecht abgetaucht in diesen Schuhen, weil ich unbedingt das beste Paar für jeden Einzelnen heraussuchen wollte. Nach dem zweiten oder dritten Tag wusste ich aber auch, dass es für mich Zeit ist, etwas Organisatorisches zu tun. Ich spürte, dass das die Sache ist, bei der es bei einem Menschen wie mir Klick im Kopf macht.

hilft Tag und Nacht ankommenden Flüchtlingen am Hamburger Hauptbahnhof. Mit ihrem verzweifelten Hilfe-Appell landete sie einen Youtube-Hit.

(Textauszug) Dann war da noch dieses kleine Mädchen aus Eritrea. Zuerst sehe ich nur ihre Mutter. Sie sitzt in dem Zelt, in dem sich die Frauen mit Kindern ausruhen. Ich brülle ins Walkie-Talkie: „Wo ist Saleh, wir brauchen dringend einen Übersetzer!“ Saleh ist zu dem Zeitpunkt unser einziger Übersetzer für Tigrinya. Mit ihm zusammen frage ich die Frau, was sie benötigt. Warum sie so weint, frage ich nicht. Ich möchte die Leute lieber ablenken. Es ist auch egal, warum sie weinen; wichtiger ist, dass sie ankommen, wo sie hinwollen, und dass sie alles kriegen, was sie für ihre Reise brauchen. Plötzlich sagt Saleh, er kenne diese Frau. Sie war als Radsportlerin nicht nur in Eritrea, sondern in ganz Afrika bekannt.

kam aus Kolumbien nach Deutschland. Während seines Studiums in Erfurt erfuhr er, was es bedeutet wie ein Fremder behandelt zu werden – und wie man diese Ausgrenzung überwinden kann.

(Textauszug) An einer Bushaltestelle wartete ein Mann im Anzug. Ich näherte mich, um ihn nach dem Weg zu fragen. Der Mann und ich standen etwa einen Meter voneinander entfernt. Er reagierte nicht auf meine Frage, starrte regungslos nach vorne. Etwas verunsichert wiederholte ich meine Frage, diesmal darauf bedacht, so höflich wie möglich zu sein. Der Mann räusperte sich und schaute weiter geradeaus, als wäre ich überhaupt nicht da.

… bringt Teenagern bei, wohin nationalistische Gedanken führen: zu Krieg, Chaos und Vernichtung.

(Textauszug) Nazis habe ich das erste Mal bewusst in der dritten Klasse wahrgenommen. Es gab Gerüchte um Rechte, die sich mit Ausländern prügeln. Das hat mir Angst gemacht. Schließlich war ich Ausländer und bekam das in der Nachbarschaft auch deutlich zu spüren. Als ich merkte, dass sich die Punkszene klar gegen Rechts stellte, fühlte ich mich immer etwas sicherer, wenn ein Punk in der Nähe war. Das ist ein Grund, warum ich irgendwann selbst zum Punk wurde und bis heute mit bunten Dreadlocks und einer Lederjacke mit großem rotem Anarchiezeichen auf dem Rücken herumlaufe. Trotzdem sympathisierte ich in der siebten Klasse für eine kurze Zeit mit den Nazis.


OOH: Die Buchveröffentlichung wurde mit provokanten Abreißplakaten im Umfeld von Buchläden beworben, die in jedem instinktiv den Kämpfergeist gegen Rechts weckten. Jedes abgerissene Hitler-Plakat wurde außerdem zu einem Gutschein für unser Buch.


Mailing: Ein provokantes Mailing wird an Prominente und Journalisten verschickt. Beim Aufreißen vom ›Mein Kampf‹-Lookalikes wird es gleich zerstört. So wurde jeder Empfänger automatisch zum Mitkämpfer gegen Rechts und aktiviert „Mein Kampf – gegen Rechts“ bekannt zu machen.


Werbemittel und Events: Es wurden Lesungen konzipiert und durchgeführt, der Buchhandel mit Kommunikationsmitteln ausgestattet, Bild- und Video-Posts für Social Media konzipiert, um auch in den digitalen Kanälen ein Gespräch mit den Menschen zu starten, und eine begleitende Microsite entwickelt. Das alles führte zusammen mit der Berichterstattung der Presse dazu, dass das Buch bei Amazon nach nur fünf Wochen Nr.2 Bestseller in Bücher/Gesellschaft war und die erste Auflage schon fast ausverkauft war.


Ergebnis: Nationale und internationale Medien berichteten. Die Autoren des Buches und Mitarbeiter vom ›Gesicht Zeigen e.V.‹ wurden interviewt und zu Talkshows eingeladen. Das führte zu unglaublichen 645 Millionen Kontakten über Earned Media mit einem Mediawert von 14,8 Millionen Euro.


Agentur Ogilvy Berlin
Mein Anteil Creative Direction, teils Art Direction, Zusatzideen, Buchsatz
Team Tim Stübane, Birgit van den Valentyn, Stese Wagner, Matthias Bauer, Janne Sachse, Sebastian Kraus, Daniela Schmidt, Philipp Bertisch, Andreas Richter, Stephan Westerwelle, Joschka Wolf, Anke Roell u.v.a.m.
Awards Insgesamt 77 Mal ausgezeichnet. Darunter 1× Grand Prix beim ADC Europe, 1× Best PR Campaign of the World beim SABRE, 2× Silber in Cannes und auch 1× Silber beim Effi sowie 1× Gold beim AME.

Agentur Ogilvy Berlin
Mein Anteil Creative Direction, teils Art Direction, Zusatzideen, Buchsatz
Team Tim Stübane, Birgit van den Valentyn, Stese Wagner, Matthias Bauer, Janne Sachse, Sebastian Kraus, Daniela Schmidt, Philipp Bertisch, Andreas Richter, Stephan Westerwelle, Joschka Wolf, Anke Roell u.v.a.m.
Awards Insgesamt 77 Mal ausgezeichnet. Darunter 1× Grand Prix beim ADC Europe, 1× Best PR Campaign of the World beim SABRE, 2× Silber in Cannes und auch 1× Silber beim Effi sowie 1× Gold beim AME.

Neben den agenturinternen Unterstützern aus Klassik, Digital und PR geht ein besonderer Dank an: Dominik Butzmann für die kraftvollen Portraitaufnahmen; Simon Geis für die sensible Retusche; Tony Petersen Film für die filmische Begleitung; sowie an den Europa Verlag – dafür, dass sie unsere Buchidee verlegt haben und auch alle begleitenden Kommunikationsmaßnahmen unterstützten.


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